Bei Treffen mit Musk: 'Zensur-Karli' heuchelt Lob auf Meinungsfreiheit
Anstatt die schleppenden Regierungsverhandlungen voranzutreiben, spielt der eigentlich abgewählte ÖVP-Kanzler Karl Nehammer wieder den Staatsmann und tingelt in aller Welt umher. Er nutzte die Gelegenheit der Wiedereröffnung der Notre-Dame-Kathedrale, um sich für Bilder mit Trump & Musk, die beide unter den Ehrengästen waren, als Macher zu inszenieren. Zum Treffen mit Letzteren setzte Nehammer offenbar auf Heuchelei und mögliche Unkenntnis seiner innenpolitischen Bilanz. Denn plötzlich will jener Kanzler, dessen Partei u.a. für das Corona-Regime und die anlasslose Messenger-Überwachung eintrat, die Meinungsfreiheit als hohes Gut benennen.
ÖVP stets für Zensur & Überwachung...
Wenn's um die Überwachung der Bürger und der Verpassung von Maulkörben ging, waren Nehammer und seine Partei in den letzten Jahren stets an vorderster Front. Man trieb Zensur-Gesetze voran unter dem Vorwand des Kampfes gegen "Hass im Netz", erklärte die Messenger-Überwachung unbescholtener Bürger zur Koalitionsbedingung und forderte mitunter gar ein "Telegram"-Verbot. Wer sich nicht an die Corona-Schikanen hielt, wurde von Nehammer höchstpersönlich beschimpft, mehrfach wurden regierungskritische Demos mit fadenscheinigen Begründungen verboten. Kritische Bürger und alternative Medien werden nunmehr sogar im Sektenbericht (!) erwähnt.
Natürlich war es auch die ÖVP, die federführend bei der vorauseilenden Umsetzung des EU-Zensurgesetzes "Digital Services Act" (DSA) war, mit dem Brüssel aktuell versucht, Musk für die Gewährung des freien Wortes auf X seit seiner Übernahme zu bestrafen. ÖVP-Politiker bezeichneten dessen Bestimmungen in der Vergangenheit u.a. als "digitalen Frühjahrsputz", Anträge der FPÖ zum Schutz der digitalen Meinungsfreiheit stimmte die schwarz-grüne Regierung konsequent nieder. Schon die höchtgerichtlich aufgehobene Vorratsdatenspeicherung war einst ein schwarzes Prestige-Projekt, das man über die Hintertür immer wieder einführen wollte.
...doch bei Musk gibt man sich anders
Im Ausland versucht Nehammer nun, sich als Verfechter der Meinungsfreiheit aufzuspielen. Nach dem Treffen mit Elon Musk in Paris schrieb Nehammer auf X: "Rede- und Meinungsfreiheit haben oberste Priorität. X leistet einen wertvollen Beitrag, damit die Menschen beides zum Ausdruck bringen können. Es war mir eine Freude, Sie kennen zu lernen und mit Ihnen wirtschaftspolitische Fragen zu diskutieren." Musk zitierte den Beitrag und gab seine Zustimmung zur Aussagen bekannt.
Freilich: Für Mainstream-Medien, von Musk auch regelmäßig kritisiert, ist bereits das ein rotes Tuch. So replizierte ein Inseratenkaiser-Blatt das Argument der "eXit"-Wichtigtuer, wonach X "kein Platz mehr für Austausch" sei, wonach "Beschimpfen die Regel" seien und "das Meldesystem für Hasspostings weitgehend zusammengebrochen" sei. Man zitiert ein US-Autorenduo zur Einordnung, wonach "seriöse Medien bewusst herabgestuft und auch Journalisten als unglaubwürdig gebrandmarkt" würden.
Freedom of speech and freedom of opinion are paramount. @X makes a valuable contribution to enabling people to express both. @elonmusk , it was a pleasure meeting you and discussing economic policy issues. pic.twitter.com/n3uCobIqum
— Karl Nehammer (@karlnehammer) December 8, 2024
Das Volk lässt sich nicht veräppeln
Den tatsächlichen Realitätscheck serviert das Volk, das Mitleser, Musk und Nehammer selbst daran erinnert, dass dessen ÖVP sich nicht gerade als Verteidigerin des freien Wortes verdingt hätte. Der kritische Journalist Thomas Breit ("Neue Normalität") etwa adressierte Musk: "Meinen Sie das Ernst? Nehammer ist eine Marionette der diktatorischen Linken in Österreich, die Sie vor einem Monat erst kritisierten. Er hat uns mit illegaler Massenmigration aus islamischen Ländern überschwemmt und war ein Corona-Hardliner, der eine allgemeine Impfpflicht einführte. Vor der Wahl log er über die dramatische Budgetsituation und nun paktiert er mit einem Stalin-Fanboy gegen die Rechte."
Are you serious? Nehammer is the puppet of the dictatorial left in Austria, whom you criticized a month ago. He has flooded us with illegal mass migration from Islamic countries and was a COVID hardliner who introduced a general vaccination mandate. Before the election, he lied…
— Neue Normalität (@schwurbler6500) December 8, 2024
Ein IT-Unternehmer schrieb: "Wir reden hier von Karl Nehammer von der ÖVP - einer Partei, die österreichischen Wähler verachtet und die letzten 4 Jahre mit den Grünen regiert hat. Deren Politik hat Österreich wirtschaftliche Probleme, woke Ideologien und uneffektive Klimamaßnahmen beschert." Er unterstrich dies mit einem Verweis auf das Wahlergebnis:
@elonmusk This is Karl Nehammer from the ÖVP, a party that disregards Austrian voters and, together with the Greens, has been governing for the last 4 years. Their policies have brought Austria economic troubles, woke ideologies, and ineffective climate measures. Take a look: pic.twitter.com/ir4ZEItO66
— Erich Strasser 🔂 (@erich_strasser) December 8, 2024
Scharfe Kritik kam auch vom langjährigen Chef der heimischen Identitären, deren Symbole unter der ÖVP-Ägide verboten wurden, obwohl Gerichte ihnen mehrfach einen legalen Kernbereich bescheinigten. Wörtlich: "In Österreich verfolgt Nehammer Patrioten, sperrt Menschen für Meinungen ins Gefängnis und wollte über 9 Mio. Menschen mittels Impfpflicht zur mRNA-Injektion zwingen. Er ist eine Schlange. Vertrauen Sie ihm nicht."
In Austria Nehammer is persecuting Patriots, imprisoning people for opinions and tried to force 9 Million + people to get the MRNA vaccine with a mandate.
— Martin Sellner (@Martin_Sellner) December 8, 2024
He is a 🐍
Dont Trust him.
Oder in Richtung Nehammers: "X dafür loben, dass es X ist, aber völlig ignorieren, dass Sie neben dem Herrn stehen, der das Ministerium für effektive Regierung leitet. Während Sie daran arbeiten, die Steuern anzuheben, neue Regulierungen einführen wollen und mit einer Partei zusammenarbeiten wollen, die etwas gegen Unternehmer hat."
Praising @X for just being X, while completely ignoring that the guy next to you heads the Department of Government Efficiency (DOGE) whilst you are working on increasing taxes, regulations and working together with a party that is against businesses.
— Lukas | 🌐 (@lukasleys) December 8, 2024
Auch an das jüngste Demo-Verbot, für das ÖVP-Wirtschaftskreise in Wien von Kritiker verantwortlich gemacht werden, wird erneut erinnert:
Haben wir bei der letzten Demo gesehen...
— begie (@begie42) December 8, 2024
Deine Interpretation von "Freedom of speech and freedom..." von einer FPÖ oder deren Wähler reden wir erst gar nicht.....
Heuchler!
Rücktritt!
Manch ein Nutzer ist der Ansicht, dass es sich um ein Treffen von Männern höchst ungleichen Profils handelt:
🤔 Wenn sich @elonmusk die Fingernägel putzt, hat das Entfernte mehr wirtschaftliches Verständnis als ein ganzer erfolgloser Möchtegern-Kanzler.
— 🇦🇹kritischerGeist🚜🥔 (@FHVIE) December 8, 2024
Mir fehlt jegliche Fantasie, warum er sich mit Karl, dem Erfolglosen "austauschen" sollte - abgesehen von Höflichkeit. Und Mitleid. https://t.co/vFcbSUUvou
Kurz und knackig fiel der Kommentar dieses Funktionärs der "Freiheitlichen Jugend" aus:
Freedom of speech und @volkspartei? Der war gut 😂
— Hans-Peter Kurz (@hpkurz_fpoe) December 8, 2024
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