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Kernschmelze der Demokratie-Simulation

Altparteien sabotieren Sitzung: Um AfD-Landtagspräsidentin zu verhindern

Politik
Treutler: Screenshot/X; Bühl: Marcel Schwetschenau, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0; Muhsal: Steffen Prößdorf, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0 DE; Komposition: Der Status.

Wenn es darum geht, der AfD jene Posten zu verweigern, die ihr aufgrund ihrer Stärke als Wahlsiegerin zustehen, werden die Altparteien erfinderisch. Sie wollen verhindern, dass die Höcke-Partei den Landtagspräsidenten stellt, wie es die Geschäftsordnung eigentlich vorsieht. Stundenlang torpedierten sie die Versuche von Jürgen Treutler (AfD) in seiner Rolle als Alterspräsident die Sitzung überhaupt gemäß Protokoll zu eröffnen. Die Posse endete damit, dass die CDU als letztes Mittel den Verfassungsgerichtshof des Landes anruft...

Alles wird verdreht, um AfD zu verhindern

Seit es in Thüringen freie Wahlen gibt, gab es eine klare verfassungsrechtliche Gewohnheitspraxis: Der Alterspräsident eröffnet, es werden einstweilige Schriftführer bestellt, dann wird die Beschlussfähigkeit festgestellt und in weiterer Folge wählen die Parteien das Präsidium des Landtags. Dabei liegt das Vorschlagsrecht für den Präsidenten bei der stärksten Fraktion, alle übrigen Parteien bekommen einen Vize-Präsidenten. Und mehr als 30 Jahre funktionierte dieses Prozedere als Formalität und war eine Sache von Minuten. Doch wenn dann die "böse AfD" ein Recht auf solche Posten hätte, sucht man nach eigenwilligen Rechtsauslegungen.

Plötzlich argumentiert man, dass spätestens im dritten Wahlgang auch Kandidaten anderer Parteien zum Zug kommen können. Denn die Geschäftsordnung schreibt nur für die Wahl und ihre allfällige Wiederholung ein entsprechendes Prozedere vor. Im Streitfall obliegt es dann dem Alterspräsidenten, der die konstituierende Sitzung anfänglich leitet, die Auslegung der Geschäftsordnung zu besorgen. Und das ist mit Jürgen Treutler ausgerechnet ein direkt gewählter AfD-Kandidat. In diesem Wissen suchten die Altparteien nach einer Möglichkeit, um dessen Amtsführung zu torpedieren. Und so begann die chaotische Sitzung zur Mittagssstunde.

Altparteien unterbrechen Treutler ständig

Treutler hatte noch keinen Satz gesagt, da wurde er bereits unterbrochen. Mehrmals kam es auch zu bis zu 30 Minuten dauernden Unterbrechungen der Sitzung. Das Begehr insbesondere von CDU & BSW: Man möge über einen Antrag zur Geschäftsordnung abstimmen - und zwar ohne Verzug. Das mutmaßliche Ansinnen: Die Tagesordnung so zu verändern, dass die Geschäftsordnung noch vor Bestimmung des Landtagspräsidiums geändert werden kann. Doch dies ist nur in wenigen Ausnahmefällen möglich. Ein weiterer Passus, dass jederzeit ein Antrag auf eine Änderung der bzw. Abweichung von der Geschäftsordnung eingebracht werden kann, zieht hingegen vermutlich nicht.

Denn er gilt prinzipiell für normale Sitzungen: Diesem muss zwingend die Frage des Landtagspräsidenten vorausgehen, ob es Widersprüche zur Tagesordnung gibt (§21). Der Text erwähnt ausdrücklich den Präsidenten, nicht aber den Alterspräsidenten. Weiters ist nach der Rechtsauslegung Treutlers & der AfD der Landtag vor Feststellung der Beschlussfähigkeit und der Wahl des Präsidiums noch gar nicht ordentlich konstituiert. Und so ging das Theater vier Stunden lang: Treutler beharrte ruhig auf Ausführung der Tagesordnung, während v.a. CDU-Abgeordnete immer hysterischer ihre Anträge zur Geschäftsordnung einbrachten. Die eigentlich kurze Eröffnungsrede zieht sich so über Stunden.

So kommentierte die von der AfD zur Landtagspräsidentin vorgeschlagene Wiebke Muhsal in einer Pause das Schauspiel:

Jetzt muss Gericht die Auslegung klären

Dabei fielen den Altparteien sämtliche Mätzchen ein, wobei ihnen kein Vergleich zu blöd war. Der CDU-Politiker Andreas Bühle warf Treutler vor, eine "Machtergreifung" betreiben zu wollen - und kassierte in diesem Zusammenhang zwei Ordnungsrufe binnen weniger Sekunden. Nach drei Stunden und vier Unterbrechungen dann der nächste große Eklat: Bühl schlägt plötzlich vor, dass der zweitälteste Abgeordnete die Sitzung im Sinne der Altparteien leiten soll. Linken-Abgeordnete Katja Mitteldorf brachte das Selbstorganistionsrecht des Landtags ins Spiel.Treutler begegnete diesen Begehren damit, dass er die parlamentarischen Geschäftsführer zu sich nach vorne rief.

Torben Braga, AfD-Vertreter in dieser Rolle, trug die Rechtsmeinung seiner Partei in ruhigen Worten vor:

Treutler bat die Fraktionen, ihre jeweilige Aufassungen zur Auslegung der Geschäftsordnung zu deponieren. Doch Bühl lässt sich auch davon nicht besänftigen: Nachdem Treutler die Geschäftsordnung nicht nach dem Gusto der CDU beugen will, wirft er dem AfD-Alterspräsidenten "Verfassungsbruch" vor und holt sein letztes Ass aus dem Ärmel: Der Verfassungsgerichtshof des Landes soll entscheiden, welche Auslegung die gültige sei. Das Kalkül dürfte sein, dass dieser aufgrund parteipolitischer Besetzung zugunsten der Altparteien entscheidet. Daraufhin wurde die Sitzung bis Samstag vertagt, damit das Gericht über den Eilantrag entscheiden kann.

"Compact"-Chefredakteur Jürgen Elsässer bezeichnete dies sogar als "Putschversuch":

Aufregung über hausgemachtes Dilemma

Die ganze Posse, die eine erneute "Kernschmelze der Demokratie" darstellt, könnte ganz einfach vermieden werden, wenn die Systemparteien der AfD einen Posten gewährt, der ihr nach Satzung zustehen sollte. Doch es kommt noch skurriler: Denn, dass es überhaupt so weit kommt, liegt daran, dass es die Altparteien versäumten, die Geschäftsordnung vor der Wahl zu ändern. Die nicht mehr im Landtag vertretenen Grünen kamen nämlich schon Endes des Vorjahres zu einer ähnlichen Rechtsauffassung wie Treutler nun.

Doch ihr Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung zu den Modalitäten der Präsidiumswahl fand keine Mehrheit. Die CDU hätte die Mehrheit beschaffen können, glaubte aber fest an ihren eigenen Wahlsieg und wollte keine Änderung zu ihren potenziell eigenen Ungunsten beschließen. Wo dieser nun plötzlich der AfD zugute käme, hat man plötzlich eine ganz andere Rechtsmeinung und keift am Lautesten, in der Hoffnung, als eigentlicher Wahlverlierer mithilfe dreier linker Parteien die Quasi-Allmacht einzuheimsen...

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