EU-Richtlinien stören Aufrüstung

Alles für den Krieg: Rüstungsindustrie will EU-Umweltschutz-Regeln lockern

Politik
Bild: Capt. Thomas McCarty, Public Domain, Wikimedia Commons

Obwohl derzeit von der EU über alle Maßen gefördert und mit Hunderten Milliarden Euro für die Zukunft versorgt, wird die europäische Rüstungsindustrie von Sorgen geplagt. Denn es sind justament Brüsseler Vorschriften, die eine Ausweitung der Produktion und noch größere Milliardengewinne verhindern könnten. Und zwar Umweltvorschriften, deren Lockerung nun der CEO des französischen Sprengstoffherstellers Eurenco fordert.

Eliten stehen Eliten-Agenda im Weg...

Die EU hat es oftmals nicht leicht, denn in der Lobby-Großstadt Brüssel kommt man schnell zwischen die Stühle und hat auch oftmals mit Widersprüchlichkeiten der eigenen Politik zu kämpfen. War bis vor kurzem die Klimawende inklusive Green Deal großes Thema - da verpulverte man sogar zig Milliarden Euro für umstrittene Lobby-Arbeit an nicht weniger umstrittene NGOs - sind es nun Aufrüstung und Kriegstüchtigkeit, wofür Milliarden Euro neuer Schulden gemacht werden sollen.

Doch nun meldet sich Rüstungsindustrie zu Wort. Trotz bevorstehender Milliardenaufträge scheint man in Sorge zu sein, ebenso schikaniert oder eingestampft zu werden, wie die EU-Bürger und die restliche europäische Wirtschaft von Autoindustrie bis zu den Bauern, die durch Verbote und Transformationsvorgaben für die höheren Ziele des "Green Deal" um ihre Existenz fürchten müssen.

Umweltschutz behindert Aufrüstung

So scheint es nicht zu genügen, dass die EU die Rüstungsindustrie für "nachhaltig" erklären will. Denn, wenn es um blitzschnelle Aufrüstung für den nächsten Krieg gegen Russland gehen soll, muss die EU über ihren eigenen Schatten springen. Das fordert zumindest Thierry Francou, Chef des französischen Sprengstoffherstellers Eurenco. Gegenüber Euractiv erklärt er, dass die derzeitigen Vorschriften der EU nicht für eine ordentliche Kriegswirtschaft ausgelegt seien. "Wir arbeiten mit einem regulatorischen Rahmen aus Friedenszeiten", so der CEO, der vor allem die Umweltschutzauflagen der EU als Hemmnis für die schnelle Aufrüstung ausmacht.

So eröffnete das Unternehmen das Schießpulverwerk im französischen Bergerac wieder, welches 2007 stillgelegt worden war. Doch sei es keine einfache Aufgabe, neue Produktionen hochzufahren und bestehende zu erweitern. Vor allem auch wegen der strengen regulatorischen Auflagen der EU, so der Rüstungschef. Denn die Vorschriften sollen Wildtiere schützen sowie Kontaminationen und Großbrände verhindern, die durch den Umgang mit explosiven Stoffe entstehen können.

Gefährliche Chemikalien und Sicherheitsvorschriften

Eurenco, der zu Europas größten Sprengstoffherstellern zählt und Standorte in Frankreich, Schweden und Belgien unterhält, konnte sich zuletzt schon über 47 Millionen Euro aus dem EU-Programms zur Unterstützung der Munitionsproduktion "ASAP" (Act in Support of Ammunition Production) freuen, um seine Produktion weiter hochzufahren. Doch es gibt weitere Hemmschuhe. Laut Francou sei es "nahezu unmöglich" in Europa eine Rüstungsfabrik neu zu bauen.

Schuld daran sei unter anderem die SEVESO-III-Richtlinie der EU, welche sich mit "Sicherheitsmanagementsystemen für und die regelmäßige Inspektion von Anlagen, die bestimmte Mengen von gefährlichen Stoffen lagern" beschäftigt und die schwere Unfälle und Katastrophen sowie deren Auswirkungen verhindern soll. 

Als es etwa 2022 in Bergerac in einem anderem Gebäudekomplex, einem Lager für Nitrozellulose, zu einem Unfall kam, wobei acht Menschen verletzt wurden, dauerte es durch SEVESO-III ein Jahr, bis man nach Erweiterungsarbeiten an dem Standort wieder mit der Produktion beginnen konnte, nicht zuletzt aufgrund einer durch die Richtlinie "einjährigen, gesetzlich vorgeschriebenen Biodiversitätsstudie für das Gebiet", klagt Francou sein Leid.

Im Krieg wäre es einfach leichter

Und für die Pulver- und Sprengstoffherstellung werden nun einmal giftige Chemikalien wie Salpetersäure benötigt. Wobei dort Francou bereits das nächste Problem verortet. Denn die starke Regulierung der EU habe die Hersteller aus Europa vertrieben - und die Einfuhr dürfte unter EU-Nachhaltigkeits-Bedingungen vermutlich auch nicht so einfach sein. Hier müsse diese endlich Lockerungen vornehmen, um die Verteidigungslieferketten zu sichern...

"Ohne Chemikalien können wir kein Pulver herstellen, und ohne Pulver keine Munition", so der Eurenco-Chef, der zudem in Hinblick auf die Vorschriften anmerkt: "Wären wir im Krieg, wären diese Themen nicht mehr relevant." Aber so könne man derzeit, trotz geplanter Investitionen von 650 Millionen Euro in den kommenden drei Jahren kaum mit den mit den Regierungsaufträgen Schritt halten.

Kommt bald der Kurswechsel?

Aber es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis man in Brüssel und in den Mitgliedstaaten die Regulierungen zum Wohle der Rüstungsindustrie aufweicht oder ganz über Bord wirft. Es wäre auch nicht das erste Mal. Als man die Energiewende so richtig forcieren wollte und endlich mit dem massiven Bau von Windrädern starten wollte, wurden in Deutschland auf Wunsch des Habeckschen Wirtschaftsministeriums 20 Vogelarten aus der Prüfliste, die beim Bau von Windrädern zu beachten ist, gestrichen und auch sonst vereinfachte man die Genehmigungen ohne Rücksicht auf Umwelt- und Naturschutz.

Wo man nach dem Abbau von Windrädern dann den giftigen unrecylebaren Abfall entsorgt, interessiert nicht - teilweise scheint er illegal ins Ausland, etwa nach Tschechien transportiert zu werden. Und auch, dass in geforderten und geförderten Wärmepumpen giftige Fluorchemikalien, Per- und Polyfluoralkylsubstanzen, kurz PFAS, verbaut werden, die von der EU eigentlich Verboten werden sollen, spielte keine Rolle, vielmehr bemühte sich Habeck, das Verbot für die Chemikalien zu verhindern.

Wieso also nicht auch für die Rüstungsindustrie Ausnahmen schaffen? Ausbremsen könnte die EU ihre Kriegswirtschaft allerdings selbst auch noch, mit ihrer Energiewende. Denn schon im Frühjahr 2023 klagte der Munitionshersteller Nammo in Norwegen, dass er seine Produktion nicht erhöhen und sein Werk nicht erweitern könne - Schuld seien mangelnde Stromkapazitäten in der Region, da auch ein Tik-Tok-Rechenzentrum massiven Energiebedarf habe. Und dabei handelt es sich sogar noch um ein Land, dass mangels EU-Mitgliedschaft nicht einmal dasselbe enge Regelkorsett befolgen muss..."

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