Nach der Horror-Tat ist vor der Debatte

11 Tote bei Schul-Amoklauf in Graz: Folgt Waffenverbot & Überwachung?

Politik
Schule: Wgraz, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0; Trauerkerze: Freepik (Symbolbild); Komposition: Der Status.

Der schreckliche Amoklauf an einem Grazer Gymnasium, der 11 Tote und dutzende Verletzte forderte, erschüttert ganz Österreich. Politiker aller Couleur haben die üblichen Scharmützel fürs Erste hintangestellt, eine dreitägige Staatstrauer samt Absage öffentlicher Veranstaltungen ist geplant. Doch ehe die politische Debatte losgehen kann, bringen sich bereits die ersten Stimmen in Stellung, die etwa eine Verschärfung des Waffenrechts fordern. Auch die Überwachung unbescholtener Bürger könnte weiter ausgebaut werden.

Ganzes Land über Amoklauf erschüttert

Es sind tragische Nachrichten, die niemanden kalt lassen - insbesondere nicht die vielen Menschen, die selbst Kinder oder Geschwister im Schulalter haben. Elf unschuldige Menschen kommen nie wieder heim, weil sie vom Amokläufer Artur A. (21) viel zu früh aus dem Leben gerissen wurden. Der Todesschützer ist selbst ehemaliger Schüler des betroffenen BORG Dreierschützengasse in Graz-Lend und richtete sich zuletzt am Schulklo selbst. Der Schock und die Anteilnahme sind überall im Land groß - es ist der blutigste Amoklauf der 2. Republik. Und erneut trifft es die Mur-Metropole, die bereits vor 10 Jahren der Schauplatz einer tödlichen Amokfahrt eines Bosniers war.

Schnell nannten Mainstream-Medien ein mögliches Motiv: Der zuletzt arbeitssuchende Schulabbrecher soll ein früheres Mobbing-Opfer an der Schule gewesen sein, die er zum Tatort auserkor. Bei seiner beispiellosen Tat soll er zwei unterschiedliche Waffen benutzt haben: Eine Schrotflinte und eine Faustfeuerwaffe der Marke Glock, für letztere ist eine Waffenbesitzkarte vonnöten. Diese, für welche u.a. ein psychologisches Gutachten vonnöten ist, soll Artur A. erst vor Kurzem erworben haben, ebenso die Tatwaffen. Der Umstand, dass es sich also um legal besessene Tatwaffen handelt, bringt nun erste Stimmen auf den Plan, die politische Forderungen daran anknüpfen. 

Erste Rufe nach schärferem Waffenrecht

Konkret finden sich solche Andeutungen u.a. in einem Artikel des "Standard", wo ein Psychiater unter Rückgriffe auf US-Erfahrungswerte einordnen darf. Immerhin erwähnt er, dass Amokläufer nicht häufiger Drogen oder aggressive Computerspiele konsumieren würden als andere Jugendliche. Auch sonst gibt er sich bemüht, eine fachliche und pietätvolle Analyse abzugeben. Allerdings problematisiert er gleich eingangs die "Griffnähe zu Waffen", was das linksliberale Blatt sofort auch sinngemäß in den Anriss seines Artikels holt. Noch konkreter wird "Puls24", das sogleich "eine Debatte über Österreichs liberales Waffenrecht" in Aussicht stellt. 

Problematisiert wird hierbei, dass Österreich beim Pro-Kopf-Besitz an Schusswaffen weltweit auf dem 12. Platz sei. Insgesamt sind hierzulande etwa 1,5 Mio. Schusswaffen registriert, die sich auf 370.000 Besitzer verteilen - dabei machen allerdings alleine Jäger bereits mehr als ein Drittel der Besitzer aus. Konkrete Vorschläge im Artikel: Eine mehrfache Wiederholung der Tests vor Erhalt einer Waffenbesitzkarte sowie eine Pflicht zur Aufbewahrung selbiger außerhalb des privaten Lebensbereiches im ersten Jahr danach. In der "ZiB Spezial" im Hauptabend war's dann so weit: Die Frage nach einem privaten Waffenverbot außer für einschlägige Berufe und Jäger wurde aufgeworfen. 

Verbote erfahrungsgemäß nicht zielführend

Bereits andere Länder nützten derartige tragische Einzeltaten, um ihre gesamte Bevölkerung zu entwaffnen - und der "Standard" suggeriert in einem weiteren Artikel, dass dies hülfe. In Großbritannien etwa wurde der private Schusswaffenbesitz mit wenigen Ausnahmen nach einem Schul-Amoklauf in Schottland in den früheren 1990er-Jahren verboten. Dennoch hat das Land heute bei vernachlässigbarer Schusswaffendichte eine höhere Tötungsrate als Österreich oder die Schweiz. In Deutschland wurde das Waffengesetz nach den Amokläufen von Erfurt (2002) und Winnenden (2009), teils entgegen Experten-Einwänden, verschärft - was allerdings nur mäßig half.

Denn seitdem gab es alleine in deutschen Bildungseinrichtungen weitere sechs Amokläufe. Regelmäßig finden zudem tödliche Messer-Anschläge statt, nicht selten durch Migranten verübt, teils auch in sogenannten "Waffenverbotszonen". Viel deutet darauf hin, dass Verbote eben nicht das Allheilmittel sind. Das Argument der Befürworter eines liberalen Waffenrechts ist, dass eine Entwaffnung der Bürger vor allem rechtschaffene Bürger beträfe, während Personen mit krimineller Energie immer zu Tatwaffen kämen. Mithin gelten Schulen - neben "Rache an der Institution" - auch deshalb als beliebter Ort für Amoktaten, weil dort besonders wenig Gegenwehr zu erwarten sei.

Neue Argumente für mehr Überwachung?

Ebenfalls könnte der Ausbau der anlasslosen Überwachung sozialer Medien und Chats drohen, diesmal unter dem Deckmantel des Kinderschutzes. Zum Ausklang der "ZiB Spezial" wurde das Schlagwort schon einmal platziert - allerdings in Verwunderung darüber, dass die Politik die Forderung noch nicht erhoben habe. Doch schon bald werden wohl Politiker der Systemparteien die Berichte aus dem Vorjahr ausgraben, als ein 13-Jähriger auf TikTok mit einem Amoklauf an seiner Schule gedroht haben soll. Und immer wieder berichteten Medien von Attentatsplänen, die junge Menschen in Chats mit Gleichaltrigen zuerst ausplauderten.

Neu wäre die Überlegung zur "Überwachung des digitalen Schulhofs" freilich nicht - bereits vor 18 Jahren wurde diese Debatte in Deutschland nach einem Schul-Massaker in Emsdetten geführt. Letztendlich wurden die Pläne allerdings wegen der schwierigen Machbarkeit nicht umgesetzt - die Geheimdienste hatten zu wenig Personal und das Auffinden einer geplanten Amoktat vor ihrer Ausführung wäre eher ein Zufallsfund. Doch das Praktische & Nützliche zu verbinden, hat gerade die aktuelle Kanzlerpartei bislang noch nie davon abgehalten, unter Vorwänden bürgerliche Freiheiten einschränken zu wollen.

Medien zwischen Reißerei & Mätzchen

Reißerisch war die mediale Berichterstattung zum Amoklauf, mit der üblichen Zurückhaltung bei der Berichterstattung war es diesmal nicht weit her: Stundenlange Sondersendungen im Rundfunk - und Zeitungen & anderen Medien, die sich darin überboten, möglichst "exklusive" Videos vom Tatort zu bringen. Bei Suiziden wird äußerst distanziert berichtet, um Nachahmer abzuhalten. Bei einem Schul-Amoklauf stürzt sich aber alles aufs mediale Spektakel, die Frage nach der Gefahr von Trittbrettfahrern wird gar nicht gestellt. Dabei explodierten etwa psychische Erkrankungen bei Schülern gerade mit dem Corona-Diktat massiv...

Ein anderes Kunststück vollbrachte hingegen der ORF in seiner abendlichen Berichterstattung: Selbst an diesem tragischen Tag scheint man versucht zu sein, dass "die Falschen" nicht gut dastehen. In der "ZiB Spezial" am Abend brachte man O-Töne von Innenminister Karner & Kanzler Stocker (ÖVP) und später ein Interview mit Bürgermeisterin Kahr (KPÖ). Diese nutzte die Bühne sogleich, um als erste Politikerin auch ganz offen ein privates Waffenverbot als Reaktion auf den Amoklauf vom Dienstag zu fordern. 

Der zuständige FPÖ-Landeshauptmann Mario Kunasek wurde trotz Mitwirken an der Pressekonferenz nicht zitiert. Das Schauspiel wiederholte sich im folgenden "Report": Man zeigte Kunasek im Bild neben SPÖ-Staatssekretär Leichtfried & NEOS-Bildungsminister Wiederkehr. Einen O-Ton brachte man aber nur von letzteren beiden, während man den freiheitlichen Politiker aussparte. Schon in der Vergangenheit fiel der ORF damit auf, die stimmen- & mandatsstärkste Partei deutlich unterrepräsentiert wiederzugeben. 

+++ Folgt uns auf Telegram: t.me/DerStatus & auf Twitter/X: @derStatus_at +++

Dir gefällt unsere Arbeit? Unterstütze uns jetzt mit deiner Spende, damit wir weiterhin berichten können!

Kontoinhaber: JJMB Media GmbH
IBAN: AT03 1500 0043 9102 6418
BIC: OBKLAT2L
Verwendungszweck: Spende

Weitere Artikel, die Sie interessieren könnten