Wie AfD-NSDAP-Vergleiche die Nazi-Zeit verharmlosen
Während Historiker sich zunehmend in absurden Vergleichen verlieren, wird die Singularität der NS-Zeit fahrlässig relativiert. Zeit, sich gegen unethische Panikmache und ideologisches Geschwätz zur Wehr zu setzen – mit Vernunft und klarem Blick.
Erinnerung an historische Taten
Was hat man uns als Schülern die dunklen Kapitel der deutschen Geschichte nicht von jeglicher Perspektive aus gleich mehrmals nahegebracht. Man wollte Aufklärung darüber leisten, welche politischen Konstellationen dafür sorgen konnten, dass es zur Diktatur des Nationalsozialismus kam. Und ja, diese Bildung und Sensibilisierung war nötig. Im Zusammenhang mit der Weimarer Republik und den empfundenen Erniedrigungen nach dem Ersten Weltkrieg keimte in der deutschen Bevölkerung ein über das gesunde Maß hinausgehendes Selbstbewusstsein auf, das sich mit dem Narzissmus blutrünstiger und gnadenloser Charaktere sowie fehlenden Mechanismen zur Verhinderung einer allzu unbeschwerten Machtergreifung paarte. Es gab gleich mehrere Schwachstellen, die nach 1945 genau aus der schrecklichen Erfahrung dieses allzu schnellen Ritts durch alle Instanzen von Hitler und seinen Schergen mit wesentlichen Elementen der Gewaltenteilung in der Verfassung abgestellt wurden.Die Mentalität des Sündenbocks hatte sich tief verfestigt. Juden und andere Minderheiten wurden zur Projektionsfläche kollektiver Ressentiments. Der Hass steigerte sich bis ins Unvorstellbare, nicht zuletzt, weil das gesellschaftliche Versagen nicht bei den Herrschenden gesucht wurde. Stattdessen unterstellte man einer Bevölkerungsgruppe, die durch ethnische und religiöse Merkmale verbunden war, eine absurde Schuld. Eine krakeelende Menge begegnete ihr mit nichts als Vorurteilen, Missgunst, Verachtung und Zorn.
Gefährliche Gleichsetzungen
Das Prinzip der Sippenhaft war geboren, ein Aufwiegeln ohne substanzielles Fundament brach sich Bahn. Subsumiert man nun all diese Variablen zu einer Gleichung, dann müsste auch jedem Historiker wie Schuppen von den Augen fallen, dass keine einzige Stellschraube der Vergangenheit heute ähnlich verfangen hat. Und doch gibt es tatsächlich sogenannte Experten wie Thomas Weber von der Universität in Aberdeen, der in einem aktuellen Interview mit dem Deutschlandfunk auf sich aufmerksam macht. In diesem stellt er die profane Behauptung in den Raumt, Überlebende von Auschwitz hätten ihm anonym bestätigt, dass es damals auch so begonnen hätte - mit Blick auf die jüngsten Resultate der Meinungsforschung. Angeblich gäbe es deutliche Parallelen zwischen den steigenden Zustimmungswerten für die AfD im Hier und Jetzt und der riesigen Unterstützung für die NSDAP vor rund einem Jahrhundert, will uns der Hochschullehrer weismachen. Wir seien sogar nicht mehr weit von Gaskammern entfernt, hört der mit beiden Beinen auf dem Boden stehende und von Vernunft durchzogene Bundesbürger aus Richtung eines Fachmanns, der schon öfter mit Biografien zum einstigen Führer von sich reden machte. Es ist eine haarsträubende Argumentation, die zu einem Augenblick keimt, in dem Alice Weidel mit ihrer Partei nicht nur die Union umrundet hat. Umfragen machen unverhohlen deutlich, dass ein Großteil der Wähler davon ausgeht, wonach die Blauen bei kommenden Urnengängen stabil an erster Stelle stehen werden.
Instrumentalisierung der Geschichte
Augenscheinlich braucht hier ein vereinsamtes Schäflein des Zeitgeists wieder einmal etwas mehr Rampenlicht und Fokus für seine plumpe Inszenierung, um mit rhetorischen Superlativen um sich zu schmeißen, dabei aber bereit ist, die eigene Reputation aufs Spiel zu setzen. Denn ein Professor, der sich beruflich mit jener Epoche auseinandersetzt, die nicht ohne Grund als singulär und im Negativen einzigartig beschrieben wird, kann nur ohne Skrupel und Scham Parallelen ziehen, welche in ihrer Absurdität kaum zu überbieten sind. Schließlich findet sich weder in der Programmatik der Alternative für Deutschland irgendein Anhaltspunkt für strukturelle Fremdenfeindlichkeit, eine Ablehnung des demokratischen Systems oder das Negieren von Grundrechten und der Würde des Einzelnen. Kaum eine andere Partei hat derart viel Kompatibilität mit Homosexuellen, Migranten oder Behinderten. Teilweise stehen sie sogar in den vordersten Reihen. Die Forderung nach einer konsequenten Abschiebung von illegal eingereisten, gewalttätigen, fanatischen, nicht zur Eingliederung bereiten, die soziale Sicherung ausnutzenden, die hiesige Kultur ablehnenden oder unsere öffentliche Ordnung gefährdenden Flüchtlingen und Asylbewerbern ist vernünftig. Sie hat nichts mit einer prinzipiellen Aversion gegenüber dem Unbekannten zu tun, der mittlerweile nicht selten allein aus dem Bestreben eines besseren Lebens aus sämtlichen Gefilden zu uns strömt, weil es Linke und Grüne zulassen, entsprechende Paragrafen zu beugen und das Recht willkürlich auszulegen.
Verantwortung statt moralischer Panik
Unter Androhung der Moralkeule, wir seien nicht weltoffen und tolerant genug, wird das Prädikat der Vielfalt zu einer Bürde, sind mangelnde Grenzkontrollen und ein für jeden zugänglicher Kontinent doch Garant für die Verwundbarkeit von Integrität und Unversehrtheit der Europäer. Hier geht es nicht um die Deportation in Konzentrationslager, sondern um das Rückführen derjenigen in ihre ursprüngliche Heimat, die unter Berücksichtigung von Proportionalität und Relativität überdurchschnittlich häufig zu Straftaten neigen – oder schlichtweg keine Bleibeperspektive besitzen. Wer diesen Unterschied nicht zu erkennen und einzugestehen willens ist, sollte sich sein Lehrgeld zurückgeben lassen. Denn wir können heutzutage auf den erhobenen Zeigefinger jener verzichten, die offenbar sämtliche Standards der Wissenschaft preisgeben, um mit Demagogie und Propaganda in den ideologischen Wettbewerb von Regierung und Opposition einzugreifen. Derartige Einflussnahme ist wiederum keine Seltenheit. Sie erinnert explizit daran, wie viele sich einst schuldig gemacht haben. Ihre damalige Verbrüderung mit den Spitzen des Staates führte zu ähnlicher Hetze, wie sie sich manifestiert, wenn nach einer investigativen Veröffentlichung über das vermeintliche Geheimtreffen am Lehnitzsee Hunderttausende am Brandenburger Tor gegen Faschisten 2.0 aufmarschieren. Es ist mittlerweile nur noch peinlich, in welch peinliche Vergessenheit das "Nie wieder" leichtfertig in Frage gestellt wird. Und man kann nur hoffen, dass sich die wahren Populisten irgendwann dessen bewusst werden.
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