Kritisch bleiben auch unter Trump: 'America First' ist kein 'Europa zuerst'
Trump hat den Coup wiederholt: Allen Gegenwind des polit-medialen Komplexes zum Trotz besiegte er die Eliten-Sprechpuppe Kamala Harris in einem Erdrutschsieg. Die Tränen linksliberaler Besserwisser beiderseits des "großen Teichs" sind riesengroß & salzig. Das amerikanische Volk hat keinen Bock auf illegale Masseneinwanderung, dauerhafte Kriegstreiberei, Mega-Inflation oder die woke Agenda. Doch bei aller Genugtuung, die man als Patriot hierüber empfinden mag, sollte die Euphorie gerade aus Sicht europäischer Rechter eher schaumgebremst ausfallen. Denn eine willenlose Unterwerfung unter die transatlantische "Pax Americana", nur unter umgekehrten Vorzeichen, bliebe grundfalsch.
Ein Sieg für Patrioten - mit großem Aber
Ja, ich gebe es zu: Auch als US-Kritiker schlägt in mir schlägt das Herz eines Patrioten. Ich vergönne jedem Volk, auch solch jungen Nationen, sich vom Diktat selbsterklärter Eliten loszusagen und die Rückgewinnung der Heimat in die eigene Hand zu nehmen. Als jemand, der zwei Tanten hat, die mit konservativen Amerikanern katholische Großfamilien gründeten, bin ich natürlich froh, dass der Kelch der intellektuell eher unbedarften Obama-Vize-Vize an dern zweitgrößten Demokratie der Welt vorüber geht. Und ich muss zugeben: Ich bin seit jeher ein Fan wortgewaltiger Politiker mit Humor und kann subjektiv nicht anders, als Trump für seine Authentizität zu mögen.
Aber: In der Realität kommt eine politische Wende selten ohne "Kulturrevolution" oder zumindest eine Bündelung von Kräften aus. Es zählt nicht, wer als "Parlamentspatriot" die besten Kalauer schmeißt oder das Volk am Besten einpeitscht, sondern bleibende Strategien. Und Geopolitik ist kein Beliebtheitswettbewerb, sondern gnadenlos eine Interessensfrage. Es bringt keinen Frieden, wenn Trump statt Harris dem Iran die Bomben um den Kopf wirft - insbesondere, weil viele europäische Länder als NATO-Länder mitziehen müssten und wir trotzdem die "Flüchtlinge" des Konfliktes abbekommen. Und der globalistische Griff nach der Macht muss gestoppt, nicht bloß verlangsamt werden.
Emanzipation der Europäer bleibt Priorität
Zudem muss klar sein: In "America First" steckt genau, was draufsteht. Bei allen Entscheidungen soll einfließen, ob sie die außen-, innen- und wirtschaftspolitischen Interessen der USA erfüllen. Für Amerikaner ist das gut, aber für Europa heißt das: Mehr NATO-Schutzgeld-Erpressung, mehr Strafzölle und ein Gebettel darum, wenigstens Premium-Partner sein zu dürfen. Dass Trump es mit Frieden und dem Finden einer Rolle in einer multipolaren Welt ernst meint, mag zwar eine naive Hoffnung sein. Doch zuerst muss ihn der militärisch-industrielle Komplex lassen. Der ist in den USA mächtig - und wird ihm kaum erneut durchgehen lassen, keinen Krieg vom Zaun zu brechen.
Auch bleibt die Emanzipation Europas aus dem transatlantischen Komplex eine Notwendigkeit, die nichts damit zu tun hat, wer im Weißen Haus sitzt. Eigene Interessen zu wahren heißt: Kein Vasallentum gegenüber Peking, Moskau, aber auch Washington. Wirtschafts-, sicherheits- & geopolitisch souverän zu sein, einen eigenen Pol zu bilden. Sich seine Gesprächskanäle in alle Richtungen offenzualten, statt sich aus den USA - die sich an "eigene Regeln" nie halten - vorschreiben zu lassen, mit wem man reden darf. Es heißt: Von Fall zu Fall zu evaluieren, ob etwas, das im US-Interesse ist, auch in unserem Interesse ist. Das kann sein, muss aber nicht - und ist es oft auch nicht.
Droht Europas Rechten das US-Vasallentum?
Gerade die europäische Rechte darf und soll sich nicht blenden lassen. Natürlich ist es verlockend, sich Ähnlichgesinnten in Übersee anzuschließen. Immerhin gleichen sich viele der Problemfelder, angefangen von offenen Grenzen über eine völlig aus der Art gefallenen Sozial- und Kulturpolitik bis hin zur Frage des leistbaren Lebens. Manche davon befallen uns freilich entweder, weil wir einen negativen Trend aus den USA im Zuge der schleichenden "Amerikanisierung" semi-freiwillig übernahmen, man ihn uns still aufzwang - oder unsere Politiker im Sinne der transatlantischen heiligen Kuh alles mitmachten, was die Einflüsterer im tiefen Staat der USA ausheckten.
Somit heißt offene Gesprächskanale: Selbstredend können wir mit US-Rechten sprechen, es wird viele Überschneidungen geben. Aber zugleich sollte man nicht dem Irrglauben verfallen, mit Trump wäre die Welt gerettet, der Kampf gegen Zensur gewonnen und millionenfache Remigration nahe. Die funktioniert ohnehin nur ohne hündische Westbindung, solange der "Weltpolizei"-Anspruch besteht. Geopolitisch bleiben die USA der Hegemon, der über uns gebietet. Bestimmte Kreise schielen dort darauf, nach der Mitte und der Linken endlich auch die Rechte auf US-Kurs zu bringen, um die unipolare Ära des "globalen Westens" noch ein paar Jahre zu konservieren.
Es droht Schlechtes mit schimmerndem Lack
Es macht demnach keinen Unterschied, ob Harris oder Trump von den Europäern verlangt, im Indischen Ozean, im Roten Meer oder am persischen Golf für "Freiheit und Demokratie" (TM) zu sterben. Wenn die europäische Jugend ihr Leben für "God's Own Country" opfern muss, hat der Sarg hat dieselbe Farbe, wenn darüber neben dem "Star-Spangled Banner" eine Regenbogen- oder eine Gadsden-Flagge weht. Und ob ein linker Tattergreis, sein minderbemittelt gackernder Ersatz oder doch ein ikonisch faustreckender MAGA-Patriot uns teures Fracking-Gas als "Nord Stream"-Ersatz unterjubeln will, ist auch einerlei.
Oder, ob nun ein Demokrat oder Republikaner die Mittel der Kongressstiftung "National Endowment for Democracy" (NED) freigibt, um missliebige "Regimes" in aller Welt wegzuputschen. Ob ein konservativer oder liberaler CIA-Chef sich in Gedankenspielen ergeht, wie man Journalisten, die US-Kriegsverbrechen aufdecken, liquidieren oder bis ans Lebensende einsperren kann. Ob die Verteidigung Israels in blau oder rot zur Staatsräson aller westlichen Länder erklärt wird, läuft auf dasselbe hinaus. Die größte Hoffnung mag sein, dass er den Ukraine-Krieg beendet, aber dort ist der Schaden für Europa schon angerichtet, zudem hätte wohl auch Harris bald zurückrudern müssen.
Bei "America First" profitieren US-Konzerne
Dass der wirtschaftliche Protektionismus, der sicher im Interesse der amerikanischen Wirtschaft sein mag, nicht unbedingt im europäischen Interesse ist, liegt auf der Hand. Wenn deutsche Autos einst bestenfalls mit Strafzöllen in den USA verkauft werden dürfen, etwa wegen chinesischer Bauteile, scharrt Elon Musk mit seinen E-Autos in den Startlöchern. Dieser erwies durch seinen X-Kauf der weltweiten Meinungsfreiheit einen unschätzbar großen Dienst. Das ist nicht kleinzureden. Aber am Ende des Tages ist er ebenso berechnender Geschäftsmann wie Trump. Beide verstehen ihr Handwerk, und Musk wird in der nächsten Regierung ein gehöriges Wort mitreden.
Ihre Wirtschaftskompetenz dient somit fast ausschließlich US-Unternehmen. Deren Börsenkurse legten gleich nach Bekanntwerden des Wahlsieges zu. Aber zur "einheimischen Wirtschaft" gehören dort auch Rüstungskonzerne wie Lockheed-Martin, amerikanische Öl-Konzerne, Pharma-Riesen wie Moderna & Pfizer - man erinnere sich an Trumps "Operation Warspeed" zur schnellen Produktion experimenteller Corona-mRNA-Spritzen - oder Finanzdienstleister wie BlackRock. Deren Chef Larry Fink erklärte schon vor der Wahl, dass es letztlich völlig egal sei, wer die Wahl gewinnt. Man arrangiert sich, BlackRock findet immer einen Weg, zu profitieren und mitzuspielen.
Differenzierung statt blinder Gefolgschaft
Wenn wir nicht aufpassen, wachen wir in keinem Europa auf, für das der neuerliche Trump-Wahlsieg in den USA ein Vorbild ist, ein verkrustetes System zumindest etwas aufzubrechen. Es droht im Ernstfall ein Europa, dessen geopolitisches und wirtschaftliches Vasallentum so groß ist wie seit Jahrzehnten nicht. Wo auf beiden Seiten des Atlantiks das berühmte "Overton-Fenster" nur um Millimeter verschoben wird - und der vermeintliche "Regime-Change von Rechts" so aussieht, dass die Kritiker des transatlantischen Komplexes innerhalb des patriotischen Lagers an den Rand gedrängt werden - zugunsten einer Riege von Gestalten des "Typs Meloni".
Journalistisch wäre dankbarer, Harris hätte das Rennen gemacht, weil sie prinzipiell für das Falsche im Falschen steht. Für Trump gilt indes - wie für Milei und andere "schreinrechte Wunderwuzzis des Westens": Dinge loben, die im Sinne der freien Völker und in unserem Interesse geschehen. Aber Dinge kritisieren, die einen Irrweg darstellen und von europäischen Patrioten nicht kopiert werden sollten. Auch problematische Seilschaften ansprechen, die sie bedienen. Als Trump am WEF-Gipfel sprach und Schwab herzte, tat er das - anders als Andere - aus einer Position der Stärke, nicht als Bittsteller. Das heißt nicht, dass es beim nächsten Besuch ebenso ist. Zumal es kein Richtiges im Falschen gibt.
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