Sie wollen keine Widerrede

Dortmund: Grüne wollen Vortrag von Friedensforscher Ganser verbieten

Kultur
Bild: Dirk Wächter, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0

Mit seinen Vorträgen füllt der kritische Historiker Daniele Ganser seit Jahren überall, wo er hinkommt, die Hallen. Aktuell klärt er in einer Vortragsserie über die wahren Hintergründe des Ukraine-Konflikts auf. Diese sind nicht so monokausal, wie es der polit-mediale Komplex gerne hätte: Am Anfang der Eskalation stand nämlich ein mutmaßlicher Putsch des Westens in Kiew, für den es zahlreiche handfeste Indizien gibt. Doch die grünen Verbots-Jünger wollen derartige Einwände im Keim ersticken und Ganser mundtot machen.

Irrer Vorwurf: Ganser wolle "Demokratie zerstören"

Diesen Eindruck gewinnt man jedenfalls, wenn man sich die Eile der Grünen-Fraktion im Dortmunder Stadtrat besieht. Obwohl Ganser erst Ende März in der 3.000 Personen fassenden Westfalenhalle sprechen will, pochen sie darauf, ein Verbot seines Auftritts schon bei der nächsten Sitzung am 9. Februar zu beschließen. Einen rationalen Grund dafür gibt es nicht: Vormalige Auftritte des mutigen Schweizer Historikers und Friedensforschers am gleichen Ort verliefen ohne jeden Zwischenfall. So etwa im Jahr 2021, als es ebenfalls letztlich erfolglose Versuche gab, den renommierten Geschichtswissenschaftler und Bestseller-Autor seiner Bühne in der westfälischen Großstadt zu berauben. 

Beim neuerlichen Anlauf auf ein Auftrittsverbot lassen die Grünen nun alle Masken fallen. Die beiden grünen Fraktionssprecher unterstellen Ganser, ein "Verschwörungsideologe" zu sein, dessen Ziel es sei "die Gesellschaft zu spalten, um schlussendlich die Demokratie zu zerstören." Daher wolle man "die demokratischen Räume schützen und verteidigen". Heißt im Klartext: Wer auch nur einen Millimeter vom transatlantischen Kriegstreiber-Narrativ von Baerbock & Co. abweicht, den halten die Grünen für einen Staatsfeind, dem der Garaus gemacht werden soll. Das im Antrag mitgelieferte Lippenbekenntnis zur Meinungsfreiheit wirkt in diesem Zusammenhang entsprechend wie blanker Hohn. 

Maidan: Indizien für Putsch des Westens

Die Vorgänge am Maidan im Winter 2013/14 beschäftigen die kritische Gegenöffentlichkeit seit Jahren. Vieles deutet darauf hin, dass der Westen zumindest großes Interesse hatte, den rechtmäßig gewählten Präsidenten Wiktor Janukowitsch zu stürzen: Dieser hatte sich zu einer neutralen Ukraine bekannt, während seine Vorgänger und Nachfolger das Land in die NATO führen wollten. Hohe Vertreter der Obama-Regierung sowie der diplomatischen Vertretung der USA sollen an seiner Beseitigung gearbeitet haben. Auch Vertreter des Netzwerks von George Soros, das bereits in mehreren Ländern sogenannte "Regimewechsel" finanzierte, spielte bei den Maidan-Protesten eine Rolle. 

Die Lage eskalierte schließlich, als Schüsse fielen und sich Demonstranten und Sicherheitskräfte gegenseitig dafür beschuldigten. Später stellte sich heraus, dass dieselben Projektile im Rücken beider Seiten steckten. Die Hintergründe wurden nie vollständig aufgeklärt. Fix sind nur zwei Dinge: Die ersten Schüsse fielen aus einem Hotel, in dem westliche Journalisten untergebracht wurde. Und: Janukowitsch musste außer Landes fliehen, der Platz für die von den Amerikanern präferierte Folgeregierung war frei. Das offizielle Narrativ hat so viele Löcher, dass sogar Ex-CIA-Analyst Ray McGovern der Ansicht ist: "Es war ein vom Westen gesponserter Putsch, es gibt kaum Zweifel daran."

Grüne lassen nur eine Ukraine-Meinung zu

Auch Ganser hat sich die Fakten angesehen und Quellenmaterial gewälzt. In seinen Vorträgen klärt er über die Ungereimtheiten im westlichen Narrativ auf und hinterfragt die vereinfachten Gut/Böse-Bilder die im Westen vorherrschen. Für Ganser ist das Aufbegehren gegen fadenscheinige Erzählungen nichts Neues: Schon seine kritischen Einwände im Bezug auf den 11. September erreichten ein großes Publikum. Seine Enthüllungen über die "Gladio"-Geheimarmeen der NATO in Europa wiederum gelten weiterhin als Standardwerk - auch über 15 Jahre, nachdem der Mainstream den Historiker aufgrund seines kritischen Aufdecker-Mutes erstmals zum Gottseibeiuns erklärte. 

Im Bezug auf den Ukraine-Konflikt weist Ganser darauf hin, dass beide Seiten jede Menge Propaganda verbreiten würden. Außerdem kritisiert er die Doppelmoral des Westens - fuhr man etwa gegen die USA trotz diverser völkerrechtswidriger Angriffskriege niemals ein Sanktionsregime. Im Gespräch mit Der Status-Redakteurin Bernadette Conrads unterstrich Ganser im vergangenen März zudem die Wichtigkeit, rasch zu deeskalieren und zum Frieden zurückzufinden. Für die Grünen, die ihren einstigen plakativen Pazifismus längst über Bord geworfen haben, ist das ebenso eine verwerfliche Haltung wie der Umstand, dass Ganser nicht nur mit Systemmedien redet. 

Seefeld sprang ein: Innsbrucker Verbot scheiterte

Grüne Verbotskultur, um den kritischen Schweizer Historiker mundtot zu machen: Auch das ist keine Neuigkeit. Denn der umstrittene Grünen-Bürgermeister Georg Willi, der im Innsbrucker Gemeinderat keine Koalitionsmehrheit hinter sich hat, verfügte unlängst die Ausladung Gansers von einem Vortrag in der Tiroler Landeshauptstadt. Dieser hätte im renommierten Innsbrucker Congress stattfinden sollen. Betrieben hatte die Absage zuvor übrigens das einschlägige "Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands" (DÖW), das einem Gerichturteil zufolge als "kommunistische Tarnorganisation" sowie als "eine Art Privat-Stasi" bezeichnet werden darf. 

In Tirol hatte die Verbotsgeilheit übrigens nicht den vom System erhofften Effekt. Denn prompt sprang ein Veranstaltungsort im nur 25 Kilometer entfernten Seefeld ein, damit Ganser seinen Vortrag am 26. Jänner halten kann. Dieser ist nun bereits Tage vor dem Event restlos ausverkauft - wie übrigens auch Veranstaltungen an den Folgetagen in Garsten und Salzburg. Für seine Vorträge Mitte März in Salzburg, Wels und Graz sind hingegen aktuell noch Karten verfügbar

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